Freitag, 27. März 2015

Interstate Quarantine

Warum die Quarantänebehörde auch innerhalb Australiens aktiv ist • Welche Regeln für Reisende gelten • Wie wir unseren Kürbis trotzdem nach WA einführen durften • Was die Bedeutung von Regionalen Exclusion Zones ist

Dass die Quarantänebehörde bei der Einreise nach Australien ein gewichtiges Wörtchen mitredet, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Zu viele Pflanzen und Tiere, die teilweise enorme Schäden anrichteten — und immer noch anrichten —, kamen bereits ins Land. Jährlich werden hier Hunderte von Millionen Dollars für die Bekämpfung von eingeschleppten Arten ausgegeben, die oft die endemischen Arten verdrängen. Füchse, einst zum Jagdspass eingeführt, räumen Vogelnester aus und haben schon viele Arten von kleinen Beuteltieren auf dem Gewissen. Von Asien eingeschleppte Pflanzenkrankheiten und Insekten verderben ganze Ernten, was durch die riesigen Monokulturen geradezu provoziert wird. Es ist also verständlich, dass die Behörden versuchen, Schädlinge gar nicht erst ins Land zu lassen. Unser Reisemobil kann ein Lied davon singen.

Interstate Quarantine

Etwas weniger bekannt ist, dass alle australischen Teilstaaten eigene Quarantänebehörden unterhalten um zu verhindern, dass Schädlinge interstate weitergereicht werden. So stellen Staatsgrenzen immer auch Quarantänegrenzen dar, an denen es Quarantine Checkpoints gibt. Die australische Quarantänebehörde hat für Reisende innerhalb des Landes ein kleines … äh …Handbuch von 20 Seiten zusammengetragen:


Auf der ersten Seite gibt es einen wohlmeinenden Hinweis, «Use this simple guide […]. It will help you check what you can and can’t take across state and quarantine borders».  Weiter unten machen wir die Probe aufs Exempel!

Damit der Text im Folgenden nicht zu sperrig wird, wollen wir kurz die acht Teilstaaten und deren Abkürzungen durchgehen … und dabei davon absehen, dass das Northern Territory und das Australia Capital Territory technisch gesehen gar keine Staaten sind, und dass das ACT sehr klein und komplett von NSW umschlossen ist … Also: WA, NT, SA, QLD, NSW, ACT, VIC, TAS.




Quarantine Checkpoint

Quarantine Checkpoints sind zollähnliche Kontrollstellen an Strassen, See- und Flughäfen. Einige sind permanent besetzt, an anderen werden nur Stichproben durchgeführt. Bei letzteren wird man auf grossen Warnschildern dazu aufgefordert, verbotene Produkte in einen Container zu werfen; kontrolliert wird allenfalls später. Die Strafen bei Übertretungen sind happig.

Der Checkpoint vor Eucla für die Einreise nach WA

Die Regeln

Nun ist es wegen der sehr unterschiedlichen klimatischen und biologischen Bedingungen in den jeweiligen Staaten nicht einheitlich, welche biologischen Produkte in welcher Form von welchem Staat in welchen gebracht werden dürfen. Das ergibt eine “lustige”, dreidimensionale Matrix {von Staat, nach Staat, Produkt}, die in dem Handbuch als eine Serie von zweidimensionalen Tabellen abgebildet ist.

Will man also z.B. Pflanzen nach NSW ("nach Staat") einreisen, dann kommt es darauf an, woher man einreist und was man genau mitführen will:


Dabei bedeutet das gelbe Warndreieck: man braucht ein Permit, ein Certificate oder muss detaillierte Informationen über das Produkt vorlegen; praktisch bedeutet das für den nicht kommerziellen Benutzer so viel wie: “X” (nein).

Die Anwendung des praktischen Ratgebers

Vor zwei Wochen wollten wir von SA nach WA einreisen und am Quarantine Checkpoint keine Früchte oder Gemüse wegwerfen. Was durften wir legal mitführen?


Zur Erläuterung:

  • Die Tabellenzeilen sind von oben nach unten zu lesen. Ist ein Produkt, das man mitführen möchte, nicht erlaubt, dann kann man es vielleicht in einer anderen Form trotzdem einführen.
  • F&V steht für Fruit and Vegetables
  • F&V (fresh) — hier sind nur die aufgezählten Ausnahmen erlaubt, alles andere ist faktisch verboten
  • F&V (frozen or commercially dried & packaged) — ist bei strikter Anwendung der mathematischen Regeln klar: entweder sind die Produkte tiefgekühlt (selbst oder kommerziell), oder sie wurden kommerziell getrocknet UND verpackt. 
  • F&V (cooked) — das ist der Ausweg für alle, die keinen Tiefkühler aber noch Früchte und Gemüse haben, die sie nicht mehr vor dem Passieren der Quarantäne-Grenze verzehren können: kochen oder einkochen.

Es war also nicht allzu schwierig festzustellen, dass wir unseren übrig gebliebenen Kürbis einfach schälen und kochen und so über die Staatsgrenze nehmen konnten. Gesagt, getan. Der Kontrolleur, der in unserem Reisemobil jede Schublade und natürlich auch den Kühlbox inspizierte, war mit unserer Interpretation der Regeln einverstanden.

An dieser Stelle muss ich der Behörde ein Kompliment aussprechen, dass sie die vorliegende Ausgabe 2014 des Handbuchs gegenüber der Ausgabe 2011 stark vereinfachte und überhaupt erst verständlich machte. Die Ausgabe 2011 schaffte nämlich mehr Unklarheit als Klarheit. So waren dort allein “F&V” noch mit acht (!) Zeilen vertreten und unter Missachtung der einfachsten Logikregeln formuliert gewesen. (Auf die Ausgabe 2014 war ich übrigens nur gestossen, weil ich für diesen Blog-Eintrag recherchierte und mir bezüglich unseres Kürbis keinen Reim aus der Ausgabe 2011 machen konnte).

Exclusion Zones

Hat man einmal begriffen, welche Produkte in welcher Form legal von Staat A nach Staat B gebracht werden dürfen, dann ist dies leider noch nicht das Ende der Fahnenstange. Es gibt nämlich in allen Staaten noch Gebiete, für die besondere Regeln gelten. Gut föderalistisch heissen diese Gebiete in NSW wahlweise Exclusion Zone, Pest Free Area oder Protected Area, in WA Area oder Region, in VIC Control Area, Protection District oder Zone, etc. WA kennt gleich fünf dieser Zonen, z.B. die Ord River Irrigation Area. Allerdings sind diese Zonen vor allem für kommerzielle Transporte von Bedeutung.


Zum Schluss

Alles klar? — Alles klar! Oder etwa doch nicht? Blättert man nämlich in der beschriebenen Broschüre auf die hintere Umschlagseite, dann heisst es da in sechs (!) Sprachen pauschal und drohend:

«Do not take fruit, vegetables, plants or flowers across State and quarantine borders. PENALTIES APPLY.»

Was nun? Gar keine Früchte, Gemüse, Pflanzen oder Blumen? — Dieses Überbleibsel aus der Ausgabe 2011 wird hoffentlich mit der nächsten Ausgabe korrigiert werden!

For more information, visit the website www.quarantinedomestic.gov.au or telephone Freecall 1800 084 881

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