Sonntag, 28. November 2010

Damn important!

Melbourne zählt sicher zu der Handvoll Städte auf der Welt mit dem höchsten Pro-Kopf-Kaffeekonsum. Ohne Kaffee geht nicht viel. Ich habe nicht einmal zu zählen versucht, wie viele Cafés es denn in etwas gibt. Wohl eher tausende als hunderte. Allein auf meinem Arbeitsweg passierte ich sechs bevor ich in die Metro stieg, und dann zwischen dreissig und vierzig auf den 12 Minuten Fussweg zwischen Flinders Street Station und Büro.

Natürlich haben die wenigsten Leute die Zeit, sich jeden Morgen irgendwo niederzulassen, Kaffee zu trinken oder sogar noch etwas zu essen. So bietet jedes Café auch immer take away ("to go") an. Die meisten haben Karton- oder Plastikbecher in speziellem Design.


Vom Design her gefällt mir der Griffiths-Becher am besten:


Wichtiger ist jedoch der Inhalt. Hier meine Favoriten: large latte von Cocoa Bean oder von Degani.


Es ist oft möglich, seinen eigenen, wiederverwendbaren Becher auffüllen zu lassen, wenn man das will. Einige der präsentierten Becher, die ich auf diese Weise zu Gesicht bekam, wären wohl in der Mülltonne besser aufgehoben gewesen. So oder so, jedem seinen daily grind 1.

Damn important!


1 Daily Grind ist natürlich ein Wortspiel: to grind heisst mahlen, aber traditionellerweise wurde die tägliche "Büetz" als the daily grind bezeichnet, nicht der tägliche Kaffee.

Mittwoch, 24. November 2010

Damn good!

In England, Australien und Neuseeland gibt es unter der Woche kaum eine ausgeprägte Frühstückskultur wie in der Schweiz. Entweder begnügt man sich mit einem schnellen Toast, einem "muesli" oder mit ein paar Wheet-Bix, vielleicht noch ein paar Früchte dazu. "Richtiges" Brot, Confischnitte, Käse, etc. ist nicht angesagt.

Dafür wird am Wochenende ausgiebig gefrühstückt, wozu man so gegen 11 Uhr in eines der vielen Cafés pilgert. Die Auswahl ist reich, und die Portionen sind es meist auch. Bei den meisten Gerichten sind Eier im Spiel (Bacon and Eggs, Eggs Benedict, Scrambled Eggs, etc.), aber auch Beans on Toast oder muesli mit Früchten sind populär. Die für uns ungeschlagene Kombination offeriert das DUKES Café in der Chapel Street: Hummus-Toast mit Guacamole, zwei pochierten Eiern, in Honigsauce marinierte und gebratene grosse Speckwürfel und etwas Portulak-Salat:


Damn good!

Montag, 15. November 2010

Damn right!

Am Freitag vor einer Woche schafften es Jeannine und ich unterwartet und erstmalig, vor der Arbeit im Palate Café in der Greville Street einen latte zu trinken, wie hier der caffè latte kurz genannt wird. Cafés hat es sehr viele, doch Strassencafés sind rar, und wenn einem die Frühlingsmorgensonne auf das Tischlein scheint, dann ist die Welt gleich doppelt in Ordnung.

Drinnen orderten wir beide einen tall latte und ein muffin und setzten uns draussen hin. Der Kaffee wurde im hohen Glas serviert – das Frölein musste zweimal laufen, weil sie nicht mehr als einen aufs Mal tragen konnte (das Tablett als Werkzeug ist hier nur ausnahmsweise im Gebrauch):

Die Zuckerdose ist normal gross.

Als sie mir die Lieferung vorsichtig auf den Tisch stellte, sagte ich augenzwinkernd, "now that's what I call a tall latte".  Sie antwortete ebenso vergnügt wie trocken, "Damn right!".

Freitag, 12. November 2010

Im Outback — Teil 6: Stock Routes & Droving

Teil 5

Wer den Film "Australia" gesehen hat, kennt auch den Drover — das ist der australische Cowboy, der unablässig eine Herde von Pferden ums Haus treibt, was zwar tolle Bilder abgibt, aber etwa so unsinnig ist, wie eine Gruppe Kühe im Stall herumzuscheuchen. (Trotzdem, wer den Film noch nicht gesehen hat, dem ist er zu empfehlen, weil er einen guten Eindruck vom Outback und dem Leben dort vermittelt; die Story ist eher dünn).
Was also den Amerikanern ihr Cowboy und den Argentiniern ihr Gaucho, ist den Australiern der Drover. Es wird eine gute Portion Mythos und Romantik damit verbunden, obwohl es harte, karge, staubige und einsame Arbeit war, vor allem Kühe quer durchs Outback zu treiben. Den Beruf gibt es so heute nicht mehr, und die Letzten, die ihn noch ausübten, bestätigen, dass die 16. Stunde im Sattel bei nasskaltem Wetter oder im Staub meist keinen Spass mehr machte.

(Bild OUTBACK Magazine, Oct/Nov 2010)

In seinem kürzlich erschienen Buch, "The Drovers – Stories behind the heroes of our stock routes", beleuchtet der australische Historiker Evan McHugh die Geschichte der Viehzucht in Australien und des Viehtreibens über lange Distanzen (droving).
Droving ist ein wichtiger Teil der Besiedlungsgeschichte Australiens, welche von der Küste (Sydney, Melbourne, Brisbane, Adelaide, Perth) her gegen das Landesinnere erfolgte. Unter anderem der Goldrausch ab 1850 in grossen Teilen von Victoria, aber auch in Western Australia und anderen Teilen Australiens, führte zu einer enormen Immigrationswelle, und eine immer grösser werdende Menge von Mäulern wollte gefüttert werden. Die besten Viehzuchtgebiete befinden sich in einem Bogen, der sich von Nordwesten her ums Lake-Eyre-Becken zieht (in nächsten Bild grün markiert), während die Märkte im Süden und Osten des Landes waren (dunkelrot).

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Was zuerst nur einzelnen "wilden" Drovers gelang (z.B. Harry Redford, der 1870 in Queensland eine Herde ungebrannter Rinder stahl und sie durch die Strzelecki-Wüste nach Adelaide trieb und dort verkaufte), wurde bald zur etablierten Praxis und zu einem lukrativen Geschäft. Ein Drover (= Boss) wurde jeweils von mehreren stockmen, von einem Koch, von Pferdejungen, von ochsengezogenen Wagen und zusätzlichen Pferden begleitet (drei Pferde pro Reiter). Bald wurden Stations in grösserer Zahl in den guten Weidegebieten gegründet und Wege durchs Outback gefunden, auf denen Herden von 200 bis 2000 Rinder getrieben werden konnten, die sogn. stock routes (stock = Vieh). Die bekanntesten dieser Routen sind der Birdsville Track, der Strzelecki Track, die Canning Stock Route und der Muranji Track. Die meisten Routen führten zum nördlichen Ende einer Bahnlinie, über welche die Rinder dann in die Städte und Hafen gefahren wurden (z.B. Wiluna oder Marree, siehe Karte)

Da Rinder aber nicht mehr als zwei Tage ohne Wasser laufen — oft verendeten ganze Herden unterwegs—, konnten sie anfänglich nur nach Überschwemmungen getrieben werden, indem Routen von Wasserloch zu Wasserloch gefunden wurden. Um den Handel zu fördern, begannen die Regierungen der verschiedenen Staaten gegen Ende 19. Jahrhunderts, Bores entlang der Routen zu finanzieren. Nur so wurde es möglich, dass mehr als nur alle paar Jahre ein mob Rinder die Reise antreten konnte. Mit den Bores wurden auch neue Stations im Landesinnern gegründet, wie z.B. die Arckaringa Station.

Einer, der dieses Geschäft besonders gut und erfolgreich betrieb, war der Cattle King Sydney Kidman.
Er gründete und kaufte strategisch geschickt 90 Stations (mit total 340'000 km2, zum Vergleich: CH 41'000 km2), sodass er seine Rinder je nach Verfügbarkeit von Wasser zwischen seinen Stations verschieben konnte, ohne anderen Station-Besitzern eine grazing fee (Gebühr) entrichten zu müssen.

Das Droving wurde in den 1960er-Jahren fast auf einen Schlag obsolet, weil die Strassen zahlreicher und besser wurden, und von nun an Road Trains die Rinder billiger, schneller und zuverlässiger transportierten. Über die ehemaligen Stock Routes werden heute 4x4-Fahrzeuge getrieben — in grösserer Zahl als je Rinder durchtrotteten.

(Bild OUTBACK Magazine, Oct/Nov 2010)

Heute werden die meisten Rinder nach Wyndham, Rockhampton und Townsville in die meat works (Fleischfabrik; auf der Karte blau markiert) gefahren und verschifft, oder direkt in die Städte, wo nach wie vor grosser Fleischbedarf vorhanden ist.

Droving war vor allem ein Männerjob (der berühmteste dürfte Nat Buchanan gewesen sein, der 1881 über sechs Monate 14'000 Rinder von Queensland ins Northern Territory trieb), aber es gab auch berühmte Droverinnen, wie z.B. Edna Zigenbine (Bildmitte).


Und wer nun immer noch am Outback interessiert ist, darf sich die Bilder von unserem Streifzug im September zu Gemüte führen (Slideshow starten!). Den Birdsville Track konnten wir nicht wie geplant befahren, dafür aber den Strzelecki Track und den Ooodnadatta Track.