Dienstag, 25. Mai 2010

Capital City Trail

Der Sommer ist nun definitiv vorbei, es ist Herbst. Nach Kalender wohl eher Spätherbst, aber danach fühlt es sich für mich doch wieder nicht an.

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Die Flip-Flops sind weitgehend aus dem täglichen Leben verschwunden, und die Leute tragen Mäntelchen, Halstücher, Handschuhe und Kappen. Das finde ich etwas übertrieben, denn oft ist es um 8 Uhr morgens schon 12-14 Grad, es gab aber auch schon kühle Morgen mit 5 oder 8 Grad.


Am Sonntag hatten wir sonniges Herbstwetter mit klarem, blauem Himmel und fast 20 Grad. Wir nahmen zum zweitenmal den Capital City Trail unter die Veloräder. Das ist eine ausgeschilderte Velostrecke rund um das Zentrum von Melbourne, ca. 35 km.

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Auf knapp der ersten Hälfte folgt man einem wunderbaren Veloweg entlang den Schleifen des Yarra River, dann nördlich vom Zentrum über Quartierstrassen durch den Stadtteil New Brunswick, wo es viele der kleinen viktorianischen Villen hat, die das Quartierbild von Melbourne prägen.


Das letzte Drittel führt westlich entlang und unter der City Link Autobahn nach Süden und an den modernen Docklands vorbei. Das ist eine der Ecken, an denen Melbourne sich rasend schnell erneuert. Allerdings mangelt es etwas an Charme.


Es tat gut, mal wieder mit dem Tourenvelo ein paar Kilometer zu fahren statt mit dem Tourenauto, und einen schönen Herbstag open air zu geniessen. Seit gestern regnet es nun wie in der Prognose angekündet.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Camping (part 4) — Die Stilfrage II

Wenn der Campingplatz ausgewählt, das Nachtquartier aufgeschlagen, die Verpflegung arrangiert und das Feuerholz bereit ist, bleibt nur noch eine wichtige Frage zu klären. Was wenn ...?

Das ist wiederum eine Stilfrage, für die sich im Wesentlichen vier Optionen anbieten:
  • Wasserspülung — Sofern vorhanden, der von den meisten bevorzugte Weg.
  • Outhouse — In Jargon auch long drop genannt und technisch oft als composting toilet realisiert, die nächst einfachere Variante zur Wasserspülung. Wie bereits früher erwähnt, ist sogar hier meist genügend WC-Papier vorgelegt!
  •  Chemie — Wenn das Häusschen fehlt, ist jeder auf sich selbst gestellt. Das ist besonders nachts eine komfortable Lösung, die aber tags darauf "Hausaufgaben" stellt (Stichwort "wohin damit?"). Kann auch unterwegs – und vor allem in Städten – dringliche Probleme lösen.
  • Back to the roots — Mindestens 100 m von Wasserläufen und camp sites entfernt, mindestens 20 cm tief. Das Papier wird — sofern nicht Waldbrandgefahr herrscht — mit dem Feuerzeug abgefackelt. Dann wird das Loch zugeschüttet.

Happy camping, allerseits!

Dienstag, 11. Mai 2010

Saurier trifft Beuteltier

Am 26. März traf nach langem Warten die MOL Eminence (294m lang) im Hafen von Melbourne ein. An Bord war unser 40-Fuss-Container, der neben persönlichen Effekten vor allem unseren T-Rex enthielt.


Kasbah, so haben wir ihn getauft, ist unser Reisemobil. Die Idee dazu kam mir 2006 in Argentinien und Bolivien, als wir in den Anden und im bolivianischen Regenwald auf gebuchten Touren mehrfach an Orte kamen, die allein eine Reise nach Südamerika wert wären, und wo es ohne seriöses 4x4-Fahrzeug kein Hinkommen gibt. Zugegeben, es gibt Velofahrer, die diese Orte auf zwei Rädern besuchen, aber das stelle ich mir sehr hart und entbehrungsreich vor. Der Spass hört für mich beim Velofahren dort auf, wo es kein Wasser mehr gibt, wo nachts die Temperaturen unter -10°C fallen, oder wo die Piste bei Regen zum überdimensionalen Schlammloch wird.

Da ich den Landrover Defender ein wirklich cooles Vehikel finde, dachte ich zuerst an einen Defender 110 mit Dachzelt oder Klappdach.


Um herauszufinden, ob wir Reisen auf zwei Zweirädern gegen vier angetriebene Räder eintauschen könnten, nahmen wir Ende 2007 an einer geführten Tour nach Libyen teil.


Neben dem Dünensurfen haben wir unheimlich viel über Reisen im eigenen Fahrzeug gelernt, und es hat uns sehr gut gefallen. Nur litten wir unter akutem Bewegungsmangel; kein Velo dabeihaben — das kann unsere Art zu reisen nicht sein. Der Versuch (auf Papier) einen Defender so auszubauen, dass neben Ersatzrad und Dachzelt, Reisegepäck und Reparaturmaterial, mobiler Küche und Vorräten, 100 Litern Wasser und 250 Litern Diesel auch noch ein Tischlein im Trockenen und zwei Velos Platz finden, scheiterte. Natürlich kann man alles aufs Dach packen oder hinten ans Fahrzeug hängen — die Australier machen es vor — aber es ist wohl keine gute Idee, in Südamerika mehr als das Unabwendbare aussen am Auto mitzuführen.

So begann Anfang 2008 die lange Suche nach einem geeigneten, grösseren 4x4-Fahrzeug. Ein Lastwagen hätte wohl alle Platzprobleme gelöst, aber wo stellt man einen voll ausgerüsteten Lastwagen ein, wenn man drei Tage eine Grossstadt besichtigen will? Der Schritt war uns zu gross. Schliesslich sind wir beim Bremach T-Rex (Tyrannosaurus Rex) gelandet — ja so steht's im Fahrzeugausweis. Bresia Macchine ("Bre-Mach") stellt seit über 50 Jahren Kommunalfahrzeuge her, die sogar in Kohleminen und vom Militär eingesetzt werden. Motor, Schaltgetriebe, Elektronik und viele andere Komponenten stammen vom weit verbreiteten Iveco Daily Lieferwagen. Dadurch ist international der Service und die Ersatzteilversorgung zu einem guten Teil gewährleistet. Der Rest wird von Bremach gefertigt. Der Wohnaufbau ist Eigendesign und wurde in Deutschland gebaut.

Ich führe einen neuen Blog, der sich speziell dem 4WDing, der Technik, der Ausrüstung, dem Fahren und Reisen mit dem T-Rex widmet. Dort findet sich auch ein Link auf detailliertere Infos und zu weiteren Fotos unseres Reisemobils.


Kasbah ist kein Spielzeug, denn er ist mit Wohnaufbau, aber ohne Diesel und Trinkwasser, ca. 2900 kg schwer. Er verkehrt unter Wechselschildern mit unserem VW Sharan — auch in Australien. Und obwohl wir ihn nicht für Australien konzipiert haben, ist er hier voll in seinem Element.

Montag, 3. Mai 2010

Swinging

Über meine neue Arbeitsstelle habe ich bisher nur verraten, dass sie sich gut 120m über Strassenniveau befindet und eine wunderbare Aussicht bietet.


Das hatte seinen Grund: zuerst musste ich ja selbst herausfinden, was genau meine Aufgabe und wer mein Team ist — natürlich wird die Stelle im Job-Interview im Detail beschrieben, aber man muss eine neue Arbeitsumgebung immer erlebt haben, bevor man sich ein definitives Bild machen kann.

Veda Advantage ist eine vor allem in Australien und Neuseeland tätige Dienstleistungsfirma, die Banken darin unterstützt, das Risiko bei der Vergabe von Kreditkarten sowie von Krediten an Privat- und Geschätskunden, abzuschätzen. Wie in den USA ist hier die credit history etwas, woran man arbeitet wie an einer Karriere. Dabei geht es darum, sich im Laufe der Jahre einen Nachweis seiner Kreditwürdigkeit aufzubauen. Während man in der Schweiz mit einem positiven Konto-Saldo und "sauberem" Betreibungsregister ohne weitere Umschweife eine Kreditkarte erhält, werden in den angelsächsischen Ländern viel mehr Details erfragt und geprüft.

Das musste auch Jeannine erfahren, als sie bei der ANZ eine Kreditkarte beantragte, nachdem bereits drei volle Monatslöhne auf ihrem Konto eingetroffen waren. Dabei stellen die Banken nicht nur auf ihre eigenen Archive ab, sondern sie beziehen diese Informationen von spezialisierten Anbietern wie Veda, welche als sogn. credit bureaus agieren. Veda verfolgt in Australien und Neuseeland die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit von über 16.5 Mio. natürlichen und über 4.4 Mio juristischen Personen. Zum Vergleich: Australien hat gut 22 Mio Einwohner, Neuseeland gut 4 Mio (2009).

Zum einen führt Veda Buch über gestellte, bewilligte und abgelehnte Kreditanträge, zum anderen werden Insolvenzverfahren in Australien öffentlich publiziert. Die meisten Banken in Australien und Neuseeland gehören zu Vedas Kunden. Daneben hat Veda auch andere Kunden im Finanz- und Anlagesektor.


Veda ist aber nicht nur eine Institution mit einer grossen Datenbank, sondern bietet auch Software-Produkte und -Services zur Berechnung von Kreditrisiken und zur Entscheidung der Kreditwürdigkeit von Antragstellern an. Veda unterhält nicht eine eigentliche Software-Entwicklungsabteilung und rekrutiert für substantielle Projekte jeweils externe Mitarbeiter, während die Projektleitung und die Anforderungssteller feste Mitarbeiter sind.

So wird seit Anfang Jahr — und noch bis Mitte 2011 — die Hauptapplikation (und damit das Hauptprodukt) für decisioning support (Entscheidungsunterstützung) neu entwickelt. Dank meiner Erfahrung mit der Swing-Bibliothek für graphische Oberflächen aus dem Kingcat-Projekt bei Paranor (1998 bis 2002 ...), habe ich die Rolle als GUI-Designer erhalten (GUI: grapical user interface, Benutzeroberfläche). Ich habe mit Überraschung festgestellt, dass Swing in den letzten drei Jahren erheblichen Aufwind erhalten hat, und dass viele Interessante Software-Produkte um Swing herum verfügbar sind (siehe die Links, unten). Wenn das Design fertig ist, wird der Vertrag voraussichtlich verlängert und wird dann um die Konzeption und die Programmierung der Client-Applikation erweitert.

Die Aufgabe lässt mir ziemlich viele Freiheiten, und ich kann auch die Implementierungstechnologien mitbestimmen und selbst Prototypen programmieren. Dass ich bereits Teile eines Modells für die Benutzeroberfläche entworfen habe und daraus nicht-trivialen Java-Code generiere, war wohl unschwer zu erraten. Und macht auch mehr Spass, als hundertmal fast dasselbe zu programmieren.

Links für die technisch Interessierten
  • SwingX — Widget Library mit Calendar, TreeTable, Sorting/Filtering, Collection Views 
  • JGraphX — Library für Graphen-Editoren
  • UISpec4J — JUnit-basiertes Framework, mit dem User-Interaktionen programmiert und die Effekte "headless" geprüft werden können; und dies ohne dass x/y-Koordinaten verwendet werden